von Noah » Fr 3. Apr 2015, 15:00
Noah tat, zumindest in den meisten Fällen, immer Dinge mit gewissen Hintergedanken. Wenn er Reste in einem Topf ließ, dann um Tiere anzulocken, wenn er Hölzer über ließ und nicht mit verbrannte, dann um etwas damit zu bauen. So auch wie hier, hatte er sich was dabei gedacht, warum er mit dem Messer den Apfel trennte.
Denn seine Wahl der Waffe, womit er den Apfel zu fangen versuchte hatte einen Grund, warum er das Messer nahm, anstatt es zu fangen. So ging er mit einem breiten Lächeln auf sie zu und war sehr erfreut über ihren Wurf. Es steckte sehr viel Talent und viele Fähigkeiten in ihr, die er aus ihr rausholen musste. Der Vater zögerte dies natürlich immer wieder so lange hinaus wie es ging, aber nun merkte er, dass ihre Wünsche nicht mal mehr ihm keine weitere Wahl ließen, sondern dass ihre Bedürfnisse sich einfach schon auf die zu vermiedenen Handlungen eingeschossen hatten, weshalb er nun klein beigeben musste. Die Zeit war einfach reif, wie der durchtrennte Apfel.
So nahm er nicht nur die Apfelhälfte, die Zoe ihm hinhielt, sondern auch die Hälfte die ihr gehören sollte.
Noah schwieg erstmal. Sein Grinsen zeigte aber, dass er amüsiert war über die Logik ihrer Tochter. Wenn der Holzfäller etwas genoss, dann wollte er einen Moment nicht mit Gerede zerstören. So war allein ihre Anwesenheit schon für ihn ein Genuss. Doch ihre Entschlossenheit und ihre Auffassungsgabe und Kombinationsfähigkeit, gepaart mit ihrem kindlichen Charakter und ihrer direkten und ehrlichen Art, waren für ihn ein seelisches Paradies. Er wusste dann genau warum er seine Tochter so sehr liebte. So war es ihm täglich ein dringendes Bedürfnis ihr eine Freude zu machen. Eine Freude aus jeder Situation, die sich ihm bot.
So steckte er einen Stock,der schon für Nahrung geschnitzt war in beide Apfelhälften und hielt sie über das Feuer, um sie zu grillen. Denn er wollte ihr eine Köstlichkeit anbieten, was für ihn der Grund war, warum er den Apfel durchtrennte.
Noah war eben auch ein sehr besonnender Mensch, den es wenig aus der Ruhe zu bringen ging. Nachdenklich, Ruhe ausstrahlend und immer sehr kontrolliert. Manchmal hatte man sogar das Gefühl, er konnte wie ein Geist durch eine Menge von Menschen gehen, ohne das man ihn bemerkte, weil er einfach keinem ein Signal vermittelte, existent zu sein. So waren dann auch seine empathischen Fähigkeiten jemanden aus seiner Hektik zu holen und zu beruhigen.
Die Äpfel waren fertig und das Messer, was sie ihm reichte, nahm er gleich an sich und stach in den oberen Apfel, den er dann vom Stock zog und gab ihr den Stock mit der anderen Hälfte.
"Du hast Recht. Hier, iss. Vorsichtig, heiß."
Während er dann seine Hälfte versuchte etwas abkühlend zu pusten, hörte er ihren Ausführungen zu und ließ keinen Ton, während dessen verlauten. Selbst bei ihrer Frage, guckte er nur, was wie eine Bestätigung war, weil er eher was sagen würde, wenn es nicht so wäre. Denn Zoe war jemand, die gerne in einen Redefluss kam, den er ungern unterbracht, weil sie am Ende immer erst auf den Punkt kam und er dann meist erst begriff, was sie eigentlich wollte.
So auch hier, kam ihre eigentliche Frage dann erst am Schluss. Wie er vermutete. Die Zeit war reif. Für ihn stand dann auch nicht zur Frage, ob sie das lernen durfte, sondern wann und was.
"Ist das die Waffe, die du wählst?"
War seine Gegenfrage, auf die finale Frage. Denn so erwartend das kam, dass sie das Kämpfen lernen wollte, war für ihn natürlich nicht klar, welche Waffe sie wollte. Er war ein eingeborener Holzfäller, dessen Waffen aus Kraft und präziser Tödlichkeit kam. Ein Bogen, ein Schwert, ein Speer, eine Axt, ein Dolch. Im Grunde alles, was tötete. Griff man ihn an, dann nur einmal, denn dann machte er seinem Angreifer ein schnelles Ende. Sein Motto war nämlich immer.
Jeder den man nur verletzt, kommt mit größerer Entschlossenheit zurück, mit dem Wunsch, sich zu rächen und einen selbst zu töten. So stach man einem entweder den Speer, das Schwert, den Dolch in die Brust oder enthauptete den Feind mit einer schweren Axt. Ein Stab oder eine Schleuder oder ein Knüppel, wie ein Streitkolben waren nicht sein Ding.
Einst hatte er mal einen Zweihandhammer verwendet und jemandem damit ein Ende gesetzt. Aber das war von soviel Brutalität geschmückt, was ihm dann auch nicht gefiel. Früher war er brutal. Wenn es in einen Kampf ging, kannte er kein Erbarmen. Wer ihm oder seinen Männern ans Leder wollte, dem hat man mit allen Mitteln zur Strecke gebracht. Was am Ende noch von ihm übrig blieb war unwichtig. Selbst bei Befragungen waren ihm Mittel der Quälerei recht.
Doch von all der Folter, der monströsen Vorgehensweise, von seiner dunklen Seite wollte er weg, denn die hatte ihm wohl den Verlust seiner Frau erst eingebrockt. Zwar würde er, um seine Tochter zu beschützen, nicht zurück schrecken mindestens genau so schlimm vorgehen, aber er wollte seinem alten Ich nicht wieder verfallen. Was wäre er für ein Vater, wenn er wieder solch ein Mensch werden würde, dem andere Wesen gleichgültig wären.
Hannah war einfach eine Frau, die ihm zeigte, dass ein jeder es wert war zu leben und jeder ein Recht hatte. Sie war die Gutmütige und er beinhart und skrupellos. Nun gab es schließlich nur noch Zoe und ihn und er wollte für sie auch so bleiben.
Zurück zu Zoe, war nun die Frage: Was für eine Person war sie? Wie würde sie vorgehen? War sie eine Überlebenskünstlerin wie eine Waldläuferin? War sie voller List wie ein Dieb? War sie so brutal wie ein Barbar? oder war sie eher so mystisch wie ein Magier, Betrügerisch wie eine Tänzerin?
Nach dem Wurf des Apfels nach zu gehen, wie er sie einfach auch in ihrer Entwicklung erlebt hatte, würde er behaupten, sie sei die klassische Waldläuferin oder eine Diebin, die mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen würden jemanden zu überwältigen. Ihre Gutmütigkeit würde ihr wahrscheinlich verbieten immer gleich zu töten, was dann wieder gegen einen Dieb spricht, wie auch ihre Herzlichkeit gegen Unrecht war. Ihr Drang zur Natur, wo sie schließlich auch lebte, tendierte dann auch zu ihr, wie auch die Wahl der Waffe.
Doch wollte er ihr die Wahl lassen und es war klar, dass er ihr eine bauen musste. Nur welche?