von Lianna » Mo 4. Mai 2015, 13:42
Lianna errötete bis zu den Haarspitzen.
Nein, in die Situation wollte sie lieber nicht kommen, dann lieber mit einem klatschnassen Zwergenkind eine Decke teilen.
"Ich habe leider keine Ersatzkleidung hier, und es schickt sich wohl nicht für ein junges Mädchen, sich vor Mannsbildern zu entkleiden. Hatschi.."
Sie merkte wie zu allem Überfluss auch noch ihre Nase anfing zu laufen. Schnell schlug sie ihre Hand vor ihr Gesicht.
"Ich werde mich ein bisschen in die Abendsonne setzen, bevor sie ganz verschwindet."
Und so nahm sie auf der Bank neben Fenni Platz. Der sich, in die weiche warme Decke gehüllt, ein paar Weintrauben gepflückt hatte, und diese nun mampfte, ohne daran zu denken, jemandem davon abzugeben.
Diese Decke hatte schon viel mitgemacht, seit Lianna sie zu ihrem Abschied aus dem Waisenhaus samt der anderen Kleinigkeiten, die bei ihr gefunden worden waren, erhalten hatte.
Ihr Vater, der Schneider, hatte diese Decke genäht.
Nun da sie die Babykleidung weggeben wollte, und die Puppe des Bündels Lupine geschenkt hatte, war die Decke das letzte, das sie besaß, was noch von ihrem Vater war.
Das einzige, außer der Geburtsurkunde, an dem er erkennen konnte, dass sie seine kleine Tochter war.
Die Frage war, ob sie ihn überhaupt noch finden wollte.
Er hatte sie damals nach dem Tod ihrer Mutter weggegeben, obwohl er sich dafür entscheiden konnte, als Schneider ein ehrbares Leben mit ihr zu führen.
Doch er hatte sich dafür entschieden den anderen Weg zu gehen.
Den einfachen Weg, ohne ein schreiendes Bündel Mensch.
Fenni hatte inzwischen die letzte Traube vom Stängel gepult und sie sich in den Mund gesteckt.
Nun wibbelte er mit den Beinen unruhig hin und her, so wie es Kinder taten, wenn ihnen langweilig war.
Er stupste die langweilig gewordene, nachdenkliche Lianna, die ihn, aufgeschreckt aus ihren Gedanken ansah.
"Wir könnten ein Feuer machen."
Feuer.. das war gar keine so schlechte Idee. Vor allem nicht, weil die letzten Strahlen der Sonne nur noch spärlich wärmten.
"Wo macht denn dein Papa immer Feuer?" fragte sie.
Und Fenni erzählte von den großen Ofen, in dem er Glas schmolz. Und den kleinen Perlen und Glastierchen die er in der Werkstatt machte.
Das war nicht ganz das, was Lianna sich vorgestellt hatte.
"Und deine Mama? Macht die auch manchmal draußen Feuer?"
"Oh ja," rief Fenni. "Einmal haben wir Brot am Stock gemacht! Kannst du das auch?"
"Hmm.. für das Brot müsste man erst einen Teig und Stöcke vorbereiten, das können wir ein anderes Mal machen... Aber wir können Quima spielen, die um das Feuer herumtanzen. Zeig mir mal wo deine Mama Feuer macht."
Die äußere Feuerstelle war ein paar Wochen nicht benutzt worden, obwohl das Wetter dafür phantastisch war. Lianna ertastete einen Rest Asche und die Randsteine schienen recht solide zu sein.
Fenni wusste auch direkt, was man zum Feuer machen alles brauchte und schleppte Holz und kleine Ästchen und ein wenig Schafswolle an.
Dann legte er Lianna die Feuersteine in die Hand.
Diese schichtete das Holz auf, und ermahnte Fenni noch einmal: "Feuer ist heiss, du musst, wenn es brennt ein wenig Abstand halten. Aber das weißt du bestimmt, bist ja ein großer Junge."
Sie schlug mit dem Feuerstein einen Funken, aber da das zielen, da sie nicht sehen konnte, nicht wirklich gut klappte, verlosch er wieder.
Sie brauchte mehrere Versuche und einiges an Puste, bis ihr der Geruch glimmenden Holzes in die Nase stieg.
Dann nahm sie Fenni an der Hand. Wenn sie gemeinsam ums Feuer tanzten würde ihnen beiden warm werden, und er käme nicht zu nahe an die Glut heran.
Sie tanzten und johlten, als sie um das Feuer hüpften. Sie tanzten und lärmten so lange um das Feuer herum, bis Liannas Kleid wieder vollständig trocken war.
Die kleine Bardin kannte aus dem Kinderheim ein kleines Quimamädchen, die ihr ein paar wilde und aufregende Lieder über die Reiter auf ihren Pferden beigebracht hatte. Und diese schienen jetzt genau passend zu sein.
Also sang sie eines nach dem anderen, bis ihr keines mehr einfiel.
"Moment," rief Fenni, als Lianna, vom singen ganz außer Atem, stehenblieb.
"Wenn wir Quima spielen, brauche ich ein Pferd."
Und Schwupps war er ihr entwischt.
Sie versuchte noch seine Hand festzuhalten, aber sie entglitt ihren Fingern.
"Fenni?" rief sie.
"Fenni, lauf nicht weg, es wird dunkel.. "
Doch mit Füßen und Stock ertastete sie nur noch die fortgeworfene Decke.
"Ich hole nur ein Pferd." brüllte der Kleine aus der Richtung, in der es zum Tor ging.
Lianna war im Zweifel. Feuer alleine brennen zu lassen, war lebensgefährlich. Ein entstehender Brand konnte leicht eine halbe Stadt in Schutt und Asche legen, selbst wenn es mit Steinen eingegrenzt war, wie dieses, war es keineswegs ungefährlich. Ebenso wenig ungefährlich war es, einen kleinen 5 Jährigen in Richtung Hafen rennen zu lassen.
Was sie auch machte, sie musste schnell handeln.
Sie schnappte sich also ihre Lieblingsdecke und versuchte das Feuer zu ersticken.
Die Decke bekam schwarze Stellen und Brandlöcher, doch es gelang dem Mädchen, die Feuerstelle zu löschen.
Mit Fuß und Händen deckte sie Erde über die Stelle und lief dann Hals über Kopf Fenni hinterher.
"Abendruhe." Hörte sie noch. "Niemand darf passieren."
Charaktere:
Lianna mit Kleidermotte Kheled, Acalanthis mit Waldkauz Strix, Zoe, Laily,
NPC:
Wirtin Rosalind mit Katze, Heganbor der Zwerg