cf: Ongars Kaufmannsladen
„Und das war alles?“
„Das war alles Herr. So lief es ab.“
Melvan sah Aleister fest in die Augen.
„Der Kampf mit diesem…Biest von Suavis sah wirklich gefährlich aus! Für einen Moment dachte ich, es wäre vorbei mit ihr. Ich meine, sie ist ja noch recht jung und eine...naja, Frau eben. Ich war etwas überrascht, als ich sie sah.“
Der dunkelblonde Mann setzte ein nachdenkliches Gesicht auf, wie um seine Aussage zu unterstreichen. Dann wurde er blass und gestikulierte wild mit seinen Händen. „Nicht, dass ich Euer Urteilsvermögen in Frage stellen will!“
„Schon gut, Melvan. Es war nicht meine Wahl.“
„Ach so?''
Ein Kribbeln hinter der Schläfe holte Aleister aus dem Zimmer der Blauen Tulpe in die Realität zurück. Sie näherte sich.
Eine Brise wehte in seine Richtung und warf sein Haar zurück. Es duftete nach Blüten und Gräsern. Kaum ein Stückchen aus Gil'Leading heraus und schon war die Luft so anders. Munteres Vogelgezwitscher anstatt dem Gurren der Tauben.
Sein Blick schweifte über die wirbelnden Grashalme, die sich in der Mittagssonne ölten und dann den Himmel. Ein Falke zog dort friedlich seine Kreise. Kaum Wolken. Ein guter Tag zum Reisen.
Das Tor der Hauptstadt hockte wie ein lauernder Wolf in der Ferne. Reisende und Händler, Wachen und Bauern strömten einer Schafherde gleich hinein in sein offenes Maul und - nachdem sie von der Stadt zerkaut und verdaut worden waren - wieder heraus. Bald müsste auch seine neue Reisebegleitung samt Pferd von ihr ausgespuckt werden. Und hoffentlich ohne Umschweife den Weg hinunter traben. Von der Anhöhe hier hatte er jedenfalls alles gut im Blick.
Im nächsten Augenblick ertönte ein vertrautes Plumpsen und Scheppern hinter Aleister.
"Da bist du ja. Ich freue mich, dass du meinen Ruf gehört hast. Sonst hätte ich improvisieren müssen."
Der große Kopf des Greifenweibchens stupste ihm vertraut in die Schulter.
"Bin in der Nähe geblieben. Für den Fall, dass es glatt läuft. Alle Spuren beseitigt."
"Hervorragend, Thethys."
Seine Hand fuhr durch die weichen Federn an ihrer Wange und er wandte sich seiner Partnerin zu. Ihre Rüstung war einigermaßen sauber, die Blutflecken abgewaschen. Dennoch, sie musste gereinigt werden.
Ihre Federn zeigten ein paar Schecken auf. Nicht die üblichen schwarzen, diese hier waren cremefarben bis gelblich.
Wechselt sie jetzt noch in ihr Sommerkleid?
Große, gelbe Augen blickten den Sidhe erwartungsvoll an.
"Wie lief es?"
"Einigermaßen nach Plan. Allerdings solltest du wissen, dass sich aus dem Ganzen eine…neue Situation ergeben hat."
"Was meinst du?"
Greife waren schwierig. Thethys bildete da keine Ausnahme. Leicht reizbar und angriffslustig, war er sich fast sicher, dass es zwischen ihr und Emma Reibungen geben würde.
"Wir bekommen Gesellschaft. Eine junge Frau, etwa Anfang 20. Sie wurde mir als Ongars Tochter vorgestellt und begleitet uns vorläufig. Wie lange genau steht noch nicht fest."
Da war es. Thethys gelbes, dünnes Augenlid zuckte merklich.
"Da sie zu Pferd ist und keine von uns, können wir natürlich nicht fliegen."
Empörtes Schnauben.
"Sie ist recht vorlaut. Lass dich nicht provozieren und sei nett zu ihr."
"Ein vorlautes Weib, das nicht mithalten kann? Ich kann es kaum erwarten!" Thethys knurrte und ihre Nackenfedern stellten sich auf.
"Urteile nicht zu früh. Gleich und gleich gesellt sich gern, sagt man. Vielleicht versteht ihr euch blendend."
"Was!?"
"Ich necke dich bloß. Also, bleib freundlich. Du bist die Ältere und ich habe keine Lust auf Zank."
Thethys senkte den Kopf und murmelte sich etwas in den Bart.
„Dann warten wir doch näher an der Straße. Gerade nicht so viele Leute, die einen dumm anglotzen.“
„Guter Vorschlag.“
Beide, Sidhe und Partner, begaben sich von der Wiese zum Wegesrand. Ein älterer Mann mit Strohhut und fleckigem Hemd führte gerade summend einen mit Obst und Gemüse beladenen Ochsenkarren an dem illustren Pärchen vorbei. Demütig senkte er das Haupt, als er erkannte, wer sie waren und ließ vor Schreck einen angekauten Halm auf die Erde fallen.
„Oh, genau das meinte ich. Wenn der Kerl weiter so dumm glotzt...fresse ich seinen Ochsen.“
20. Kiriat, zur Mittagszeit
Vor den Toren der Stadt vereinen sich Thethys und Aleister, der seine Partnerin über die Zustände der nächsten Zeit aufklärt. Sie zeigt sich wenig begeistert, worauf er sie ermahnt, sich zu benehmen. Beide warten nur noch auf Emma.
Spieler: Aleister mit Thethys
NPCs: